„Dafür habe ich ja die DAV Versicherung“. Das ist mit Abstand der häufigste Satz, den wir von Bergsteigerinnen und Bergsteigern hören, wenn es um das Thema Versicherung am Berg geht. Doch zur Wahrheit gehört auch: Nur die wenigsten wissen, wer und was hinter der „DAV Versicherung“ (eigentlich ASS) wirklich steckt. Alle Antworten findest du hier.

Falls du dir das ganze Kleingedruckte sparen willst, kannst du hier direkt zum Fazit springen.
Ansonsten werden wir uns im Folgenden den Versicherungsschutz etwas genauer anschauen und auch mal einen Blick in die Versicherungsbedingungen werfen. Wir versuchen es einfach zu halten. Versprochen!

Inhaltsverzeichnis
DAV Versicherung über die Mitgliedschaft
Das Herzstück der „DAV Versicherung“ ist der sogenannte Alpine Sicherheitsservice (kurz ASS). Dieser ist ist deinem DAV-Mitgliedsbeitrag bereits enthalten und soll dich laut DAV „rundum“ den Bergsport absichern.
Zusätzlich kannst du als Mitglied des Deutschen Alpenverein auch noch optionale Versicherungen abschließen. Dazu aber weiter unten mehr.
Natürlich bietet der DAV mehr als nur Versicherungsschutz. Alles zu den Vorteilen einer Mitgliedschaft und ob sich das für dich lohnt findest du hier:
Der Alpine Sicherheitsservice (ASS)
Der ASS ist keine eigenständige Versicherung, sondern ein „Kombinationsprodukt“. Einzelne Versicherer versichern hier unterschiedliche Bereiche, die zu einer Versicherung, dem Alpinen Sicherheitsservice, gebündelt wurden. Du kannst dir den ASS also als eine Art Baukastensystem vorstellen.

Die einzelnen Bestandteile schauen wir uns jetzt genauer an. Alle wichtigen Unterlagen haben wir dir hier zum Nachlesen verlinkt.
Allgemeine Regelungen
Zuvor schauen wir uns ein paar allgemeine Grundsätze an die für jeden dieser einzelnen Bausteine gelten.
1. Versicherungsschutz gilt weltweit – Mit einer Ausnahme
Grundsätzlich bist du überall auf der Welt versichert, außer du du hast Pauschalreise außerhalb Europas gebucht (z.B. Trekkingtour im Himalaya). Dann besteht laut Bedingungen kein Versicherungsschutz mehr.
Eine Pauschalreise ist übrigens rechtlich klar definiert (§ 651a BGB). Sie umfasst mindestens zwei Arten von Reiseleistungen für dieselbe Reise (z.B. Beförderung, Unterkunft, Autovermietung oder unter bestimmten Bedingungen auch andere touristische Dienstleistungen), die vorab durch einen Reiseveranstalter oder Reisebüro (nach deinen Vorstellungen) zusammengestellt wurde.
2. Du bist auch versichert, wenn du in Bergnot gerätst.
Eine Besonderheit der DAV Versicherung ist, dass sie auch Versicherungsschutz bei Bergnot bietet. Bergnot ist allgemein jede (lebensbedrohliche) Notlage beim Bergsteigen. Darunter zählen unter anderem auch Sonderfälle wie eine Blockierung oder Überforderung am Berg.
Was hier jetzt so simpel und selbstverständlich klingt, spielt bei der Kostenübernahme bei der Bergrettung eine entscheidende Rolle. Hier schauen die Versicherungen nämlich ganz genau hin, warum dir die Bergrettung zu Hilfe eilen musste und kann ggf. die Kostenübernahme ablehnen.
3. Es sind nur bestimmte Bergsportdisziplinen abgedeckt.
Grundsätzlich besteht über den ASS nur Versicherungsschutz, solange du in den Bergen unterwegs bist. Es gibt noch weitere Einschränkungen, weil die Bedingungen eine abschließende Aufzählung von Sportarten enthalten.

Der durchschnittliche Bergsteiger dürfte hier auf jeden Fall irgendwo unterkommen. Solltest du aber auf Expeditionen gehen oder Gleitschirmflieger (bzw. Luftsportler im Allgemeinen) sein, bist du über den ASS nicht mehr versichert!
4. Fast alle Leistungen werden nur nachrangig erbracht
In den Bedingungen des ASS findest du an vielen Stellen eine sog. Subsidiaritätsklausel. Bedeutet: Der ASS greift erst, wenn deine privaten Versicherungen (z.B. Kranken- oder Unfallversicherung) nicht greifen. Solltest du entsprechende Versicherungen abgeschlossen haben, musst du den Versicherungsfall erst dort melden. Einzige Ausnahme: Die Assistance-Notrufzentrale.
Erstes Zwischenfazit
Über den ASS bist du weltweit bei bestimmten, selbstorganisierten Bergsportaktivitäten oder DAV-Veranstaltungen abgesichert, sofern du keine eigene Versicherungen abgeschlossen hast.
Falls du jetzt den Drang verspürst deine bestehenden Verträge zu kündigen, um dir das Geld zu sparen… lass uns doch erstmal schauen, was der ASS überhaupt versichert (und was nicht).
Danach kannst du immer noch entscheiden ?
DAV Versicherung – Das steckt genau dahinter
Teil 1: Such-, Bergungs- und Rettungskosten
Versicherungsleistungen auf einen Blick:
- Such-, Bergungs- und Rettungskosten bis 25.000€
- Im Todesfall reduziert sich die Leistung auf 5.000€
- Risikoträger: Würzburger Versicherung
Die Übernahme von Such-, Bergungs- und Rettungskosten im Falle einer Bergrettung ist wahrscheinlich für viele das Hauptargument für eine DAV-Mitgliedschaft.
Bei einem medizinischen Notfall in Deutschland ist die Sache klar: Deine Krankenkasse kommt für die Kosten deiner Bergrettung auf.
Tricky wird es nur, wenn die Bergrettung im Ausland stattgefunden hat oder der Rettungseinsatz als Bergung eingestuft wird. Dann bleibst du unter Umständen auf den Kosten sitzen bzw. der Einsatz wird noch an Ort und Stelle abkassiert.
Das könnte für dich auch interessant sein:
Der DAV leistet hier sobald die Bergrettung dich nach einem Unfall oder Bergnot retten muss. Unter Bergnot versteht man eben auch Sonderfälle wie Blockierung oder Überforderung.
Das ist ein großes Plus der DAV-Versicherung und bietet auch keine private Absicherung (z.B. Reisekranken- oder Unfallversicherung) an.
Teil 2: Unfallbedingte notwendige Heilbehandlungskosten im Ausland
Versicherungsleistungen auf einen Blick:
- Erstattungsfähige Kosten sind unten aufgeführt
- Der Versicherer sichert dem Krankenhaus eine Kostenerstattungserklärung bis zu 15.000 Euro zu
- Bedeutet nicht, dass sie auch leistet!
- Maximale Leistungsdauer beträgt 45 Tage
- Risikoträger: Würzburger Versicherung
Die Überschrift ist vermutlich selbsterklärend. Solltest du beim Bergsport unfallbedingt Behandelt werden müssen, übernimmt die Würzburger folgende Kosten:

Solltest du aufgrund einer Erkrankung in Bergnot geraten, greift der Versicherungsschutz hier nicht. Dann musst du hoffen, dass deine Behandlung in deinem Reiseland als Sozialleistung eingestuft und über die EHIC bzw. die Krankenkasse abrechnet werden kann. Einen Rücktransport bzw. Überführung wird deine Krankenkasse auf jeden Fall nicht bezahlen, da dass keine Kassenleistung ist
Hier empfiehlt es sich über deine separate Reisekrankenversicherung nachzudenken, die kostet auch nur ein paar Euro im Jahr.
Alles zu Thema EHIC und Reisekranken findest du hier
Teil 3: Assistance-Notrufzentrale
Versicherungsleistungen auf einen Blick:
- Organisiert den medizinisch notwendigen Rücktransport
- Im Todesfall wird eine Beerdigung oder Rückführung organisiert.
- Versicherungsumme: 5.000 Euro
- Risikoträger: Würzburger Versicherung
Hier müssen wir etwas genauer in die Bedingungen reinschauen und dort finden wir folgende Formulierung: „Die Würzburger übernimmt nach Unfällen während der Ausübung der im Rahmen dieser Versicherungsbedingungen versicherten sportlichen Aktivitäten die Kosten für nachstehende Dienstleistungen.„
Solltest du also aufgrund einer Erkrankung in Bergnot geraten, greift der Versicherungsschutz hier nicht. Das ist auch keine Kassenleistung, auch deine gesetzliche Krankenversicherung wird einen Rücktransport bzw. Überführung nicht bezahlen. Dafür brauchst du eine separate Reisekrankenversicherung.
Gute Reisekrankenversicherungen zahlen auch einen medizinisch sinnvollen Rücktransport. Das ist ein großer Unterschied zum medizinisch notwendigen Rücktransport. Notwendig wäre er nämlich dann, wenn eine ausreichend medizinische Versorgung in deinem Reiseland nicht gewährleistet wäre und das ist in den allermeisten Ländern eher unwahrscheinlich.
Teil 4: Sporthaftpflicht
Versicherungsleistungen auf einen Blick:
- Sach-, Personen- und Vermögensschäden bis 6 Millionen Euro sind mitversichert
- Gelegentliches und unentgeltliches Führen von einzelnen Personen oder Gruppen ist ebenfalls mitversichert.
- Risikoträger: Dialog Versicherung (Generali)
Da die Privat-Haftpflichtversicherung in den allermeisten Haushalten vorhanden sein dürfte, spielt die Sporthaftpflichtversicherung nur eine untergeordnete Rolle.
Einzige Ausnahme: Ein DAV-Mitglied fügt dir beim Bergsteigen einen Schaden zu und hat selbst keine Privat-Haftpflicht. Dann hattest du wohl nochmal Glück im Unglück.
Sollte die Person kein DAV-Mitglied sein und/oder dir sowas außerhalb in den Bergen passieren, kannst du nur noch auf die Forderungsausfalldeckung in deiner Privat-Haftpflicht hoffen. Prüfe gerne mal, ob diese Klausel bei dir enthalten ist.
Eine Tierhalterhaftpflicht ist übrigens nicht enthalten. Solltest du also mit Hund in den Bergen unterwegs sein, solltest du eine solche Versicherung abschließen. Gute Versicherer bezahlen sogar die Bergrettung deines Hundes.
Teil 5: Unfallversicherung
Versicherungsleistungen auf einen Blick:
- Mindesteinvaliditätsgrad 20%
- Leistung bei Vollinvalidiät 25.000€
- Leistung wird schon 70% Invaldität ausgezahlt (sog. Mehrleistung)
- Keine Progression vereinbart
- Mitwirkungsanteil liegt bei 25%
- Todesfallsumme: 5.000 Euro
- Risikoträger: R+V Versicherung
Last but not least bietet der ASS auch eine Unfallversicherung.
Hier gibt es noch ein extra Bedingungswerk, dass wir dir hier auch mal zum Download verlinkt haben:
Vertragsunterlagen
Hier soll kurz erwähnt sein: Eine Unfallversicherung soll eine hohe Geldleistung auszahlen, wenn du durch einen Unfall eine gesundheitlich bleibende Beeinträchtigung hast.
Bedeutet: Im Zweifel hast du mit der DAV-Versicherung 25.000 Euro um dein Leben nach einen schweren Unfall einmal auf links zu drehen (z.b. Barrierefreie Wohnung, neues Auto, usw.)
Zur weiteren Einordnung haben wir dir mal zwei Zitate der Stiftung Warentest rausgesucht:
„Verträge, bei denen Sie erst ab einer Invalidität von 20 oder 50 Prozent Geld bekommen, taugen in der Regel nicht viel.“
„Reine Freizeit-Unfallversicherungen sind keine gute Wahl. Unsinnig sind außerdem Verträge, die nur für bestimmte Unfallarten wie Verkehrsunfälle oder Unfälle auf Reisen gelten.“
Die Todesfallsumme von 5.000 Euro wirkt zwar auf den ersten Fall mickrig, sie ist aber auch nicht unbedingt als Hinterbliebenenabsicherung gedacht (obwohl es der Name vermuten lässt.)
Kurze Erklärung: Für die Versicherungsleistung ist unter anderem die schwere deiner Verletzung , der sog. Invaliditätsgrad, entscheidend. Da dieser nicht immer sofort und endgültig festgestellt werden kann, kann es im Zweifel Monate oder sogar Jahre dauern, bis du überhaupt mal Geld von der Versicherung siehst. Hier kommt oft die Todesfallsumme in Spiel, denn diese wird von den Versicherern oft als „Vorschuss“ausgezahlt. 5.000 Euro sind hier nicht besonders viel, aber besser als nichts.
Die Beerdigungskosten wird man in einem Todesfall damit nicht decken können, aber vielleicht die Restkosten deiner Bergung. Die kann unter Umständen im 5-stelligen Bereich liegen. Such-, Rettungs- und Bergungskosten im Todesfall werden aber nur bis 5.000 Euro bezahlt (siehe oben).
Mal zum Vergleich: Eine private Unfallversicherung bei uns leistet beim ersten Prozentpunkt einer Invalidität, verzichtet komplett auf die Anrechnung einer möglichen Mitwirkung, hat eine deutliche höhere Todesfallleistung integriert und zahlt bei Vollinvalidität mehrere hunderttausend Euro aus.
Zweites Zwischenfazit
Wir sehen, neben der örtlichen Einschränkung (Versicherungsschutz nur in den Bergen), gibt es auch innerhalb des Bedingungswerks der DAV-Versicherung ASS, die ein oder andere Stolperfalle.
Trotzdem bietet der ASS auch etwas einzigartiges: Versicherungsschutz bei Blockierung und Überforderung. Das sollte man bei seinen eigenen privaten Versicherungen auf dem Schirm haben.
Versicherungsschutz bei Hüttenübernachtungen
Diese Komponente ist zwar nicht Teil des ASS, aber doch ganz gut wissen.
Solltest du auf einer DAV-Hütte in Deutschland oder Österreich übernachten ist dein Reisegepäck bis max. 1.500 Euro automatisch mitversichert.
Der Versicherungsschutz gilt übrigens für alle Hüttengäste. Du musst also kein Mitglied beim DAV sein, denn der Versicherungsbeitrag ist im Übernachtungspreis enthalten.
Optionale Absicherung
Als DAV-Mitglied hast du die Möglichkeit auch weitere optionale Versicherungen abzuschließen. Dazu gehören:
- Reiserücktritt- und Reiseabbruchversicherung
- Auslandsreisekrankenversicherung
- Reise-, Sport- und Freizeitschutz
- Hundebergungsversicherung
- Expeditionsversicherung
Fazit zur DAV Versicherung
Der Alpine Sicherheitsserice übernimmt Such-, Bergungs- und Rettungskosten sowie unfallbedingte Heilkosten im Ausland, enthält eine Assistance Notrufzentrale, eine Unfallversicherung und eine Sport-Haftpflichtversicherung. Versicherungsschutz besteht zwar weltweit (Ausnahme Pauschalreisen) aber nur in den Bergen, dafür sind auch Sonderfälle wie eine Blockierung mitversichert. Alle Leistungen haben wir uns im Detail oben angeschaut.
Daher kurz und knapp: Die DAV Versicherung ersetzt keine private Absicherung. Dafür ist der Versicherungsumfang einfach zu gering bzw. an zu viele Bedingungen im Kleingedruckten geknüpft.
Es ist eine Zusatzleistung, die in der DAV-Mitgeliedschaft enthalten ist. Ein Goodie sozusagen. Der Deutsche Alpenverein ist ja auch kein Versicherer, daher ist das alles im Rahmen und wir empfehlen auch eine DAV-Mitgliedschaft, wenn du häufiger in den Bergen unterwegs bist. Auch auch zur Versicherungsgründen (Stichwort: Blockierung).
Die Kommunikation von Seiten des DAV ist hier, vielleicht aus Marketinggründen, leider etwas anders („Als DAV-Mitglied bist du beim Bergsport rundum abgesichert.“), aber schlussendlich darfst du für dich entscheiden, ob du dich mit den Leistungen des ASS gut abgesichert fühlst.
Unsere Empfehlung: Schließe eine eigene, dafür gute Unfall- und Reisekrankenversicherung ab. Eine Privat-Haftpflicht hast du ja hoffentlich so oder so. Genauso wie eine Berufsunfähigkeitsversicherung und ggf. eine Hinterbliebenenabsicherung.
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